#11 – Ein Mensch aus der Vergangenheit…

Alles joot?

Ein Mensch aus der Vergangenheit, aus einem anderen Jahrhundert!

So kam es mir vor, als………….

Lasst mich die Geschichte von Anfang an erzählen.

Es war ein langweiliger, trüber Tag Ende Februar 1991.

Die Aufregung über die Absage des Rosenmontagszuges wegen dem Ausbruch des Golfkrieges hatte sich gelegt. Der Karneval war abgehakt.

Die eisigen Temperaturen und der Schnee waren einem schmuddeligen nasskalten Wetter gewichen.

Nur wenige Gäste fanden den Weg in die Altstadt und die wetterbedingte miese Stimmungslage fing an, nahtlos in eine trostlose Frühjahrsmüdigkeit überzuschwappen.

Einige Unentwegte saßen an den Stehtischen, die ein Schreiner aus Neuss extra für uns angefertigt hatte. (Zu der Zeit waren Hochtische noch nicht im Trend und daher in keinem Ausstattungskatalog zu finden)

Sie tratschten über den Golfkrieg, den ausgefallenen Karneval und natürlich über das beschissene Wetter, als die Tür zum Buttermarkt aufging und ein junger Mann eintrat. Unsicher und fragend schaute er in das halbleere Wirtshaus.

Erst als ich „Hallo, guten Tag“ sagte, trat er näher an die Theke heran und antwortete:

„Hello“.

Dabei sah er mich fragend an.

Ich kam hinter der Theke hervor und versuchte es nochmals:

„Hallo, guten Tag. Was kann ich für Sie tun?“

Der junge Mann zeigte mit dem Zeigefinger auf sich: „I am Antonin Gelin“

An seiner Aussprache im englischen war zu merken, dass er weder Engländer, noch Amerikaner war. So wie er sprach, hätte er aus einem Ostblock-Land kommen können.

Auch seiner Kleidung nach, musste er aus einer uns fremden Region stammen. Er trug unter einer schweren Jacke aus braungesprenkeltem Anzugstoff ein einfarbiges Flanellhemd. Die Jacke war besetzt mit zwei großen Brusttaschen und zwei ebenso großen Taschen an der Seite. Aus den Brusttaschen schauten Bleistifte und Pinsel hervor. Um den Hals trug er ein farbenfrohes Tuch, das zu einem kleinen Knoten gebunden war. Die Hose reichte weit über seine Knie. Solche Beinkleider wurden früher als Knickerbocker bezeichnet, waren weit geschnitten und konnten von Männern und Frauen getragen werden.

Grobe Schnürstiefel vervollständigten den Eindruck.

Das Auffälligste aber war sein Kopf. Eine wilde Mähne aus vollem schwarzem Haar umrundeten ein markantes Gesicht mit einem starken Kinn, sinnlichen Lippen, einer geraden Nase und dunkelbraune Mandelaugen.

„I am Antonin Gelin, I am painter“ sagte er wieder, als wolle er sein Erscheinen erklären.

Schön! Und what can I do for you? “Antworte ich, eigentlich ratlos und ohne irgendeine Ahnung, was ich für den Mann hätte tun können.

Anscheinend war es Antonin nicht möglich, sich besser in der englischen Sprache auszudrücken.

„Would you like to have something to eat or drink? Fragte ich ihn.

„No, I am a painter.“ Antwortete er.

„But you are here in a restaurant! “ Versuchte ich wieder.

„Yes, I know! I am a painter!

„Are you hungry? Are you thirsty? Antonin? “Fragte ich ihn, indem ich ganz langsam sprach, um herauszufinden, ob er mich verstand und hungrig oder durstig sei.

„Yes, I am Antonin Gelin and I am hungry. But I am a painter! “

Da ging mir ein Licht auf.

Antonin Gelin war ein Maler, der sich auf der Waltz befand. Er kam wahrscheinlich, seitdem die Ostblockgrenzen seit zwei Jahren offen waren, aus einem dieser Staaten und versuchte heute seine Kunst in Köln an den Mann zu bringen.

Mir tat Antonin leid und ich fand ihn sympathisch.

„Antonin, we are here at the Haxenhaus, we will give you food and you will paint the Haxenhaus? “Fragte ich ihn.

Er schaute mich an, begriff sofort, was ich meinte und antwortete:

“Antonin Gelin will make a beautiful painting of the Haxenhaus und will eat and drink for three days. “

Mit einem Handschlag war das Geschäft besiegelt. Er zeigte mir in einer Mappe, die er bei sich trug viele Zeichnungen, die mit Kohle und Buntstiften gemalt waren. Er bat mich auch, einen Stil auszusuchen, wie ich gerne das Gebäude des Haxenhauses gemalt haben wollte. Oder ob wir lieber die inneren Räume des Wirtshauses auf dem Bild gehabt hätten.

In den nächsten Tagen bestellte und aß Antonin fast alles, was unsere Speisekarte hergab. Mit jedem weiteren Tag sah man ihm die Freude an, wie er die Schweinshaxen, die klassische „Buttermarkt oder die „Bierkutscher“ mit der Biersauce genoss.

Besonders angetan hatten ihm das Gaffel-Kölsch und Veltins-Pils.

Antonin Gelin zeichnete das Haxenhaus und das Resultat seht ihr hier.

Er blieb vier Tage bei uns und wir bewirteten ihn aufs Beste. Ich freute mich sehr über sein Werk und ließ ihn schweren Herzens ziehen.

 Leider haben wir nie wieder von Antonin Gelin gehört.

Bis nächsten Freitag

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