Alles joot?
Der riesige Tieflader mit dem Empfangskapitel des Weihnachtsmarktes auf dem Heumarkt stoppte und hielt mich auf. Ich musste mit meinem Auto stehen bleiben.
Es war also schon wieder so weit. Der Weihnachtsmarkt wurde wieder aufgebaut.
Die Zeit der glänzenden Lichter, der Adventsfeiern, des Glühweins und der Weihnachtsbäckerei war da.
Der Endspurt hin zum Weihnachtsfest und Silvester hatte also wieder begonnen.
(Und das völlig unerwartet und wieder so plötzlich!!!!)
Momente der alten Geschichte werden wieder erzählt, Bücher mit liebgewordenen Sagen von Elfen und hingebungsvollen Wesen purzeln aus den Regalen und die vielen, vielen Weihnachtsmärchen sind allgegenwärtig.
Das Weihnachtsfest ist schon wieder ganz nah!
Wartend und vor mich hin sinnend betrachtete ich die geschnitzten Figuren der Heinzelmännchen auf dem großen LKW und eine schöne Erinnerung bahnte sich ihren Weg.
Es war einmal….
Vor langer Zeit, vor etwa zwanzig Jahren an einem frühen Abend im September im Haxenhaus. Es begann schon zu dunkeln und die Kerzen auf den Tischen in der Wirtsstube flackerten gemütlich um die Wette.
Viele Bürger hatten sich versammelt, denn der renommierte Kölner J.P.Bachem-Verlag stellte das Begleitbuch zum rheinischen Sagenweg vor.
In seiner Rede sagte der Autor des Buches unter anderem:
„…und dass wir diese Lokalität, das Haxenhaus zur Vorstellung des Begleitbuches zum rheinischen Sagenweg ausgesucht haben, kommt nicht von ungefähr, meine Damen und Herren, liebe Gäste. In dem Buch, das wir Ihnen heute präsentieren ist die Sage von den Heinzelmännchen meine liebste.
Für alle, die mit der Sage der Heinzelmännchen von Köln vertraut sind, ist es ziemlich einfach den Hintergrund und die Bedeutung des Haxenhauses zu erkennen. Aber für alle, die diese Sage noch nicht kennen, sei Folgendes empfohlen. Kaufen Sie mein Buch und lesen die Sage oder lauschen sie meinen Worten, denn in gebührender Kürze werde ich den Zusammenhang zwischen diesem ehrwürdigen und uralten Haxenhaus und der Geschichte der Heinzelmännchen erläutern.“
Denn, vor vielen Jahren, so schrieb es der Kölner Schriftsteller Ernst Weyden im Jahre 1826,
gab es in Köln ein kleines Völkchen, auch als Heinzelmännchen bekannt. Diese ganz besondere Art von Hausgeistern erledigte die liegengebliebene Arbeit der Menschen. Heimlich bei Nacht, wenn alles schlief, verrichteten sie deren Arbeit, denn sie wollten unerkannt bleiben. Die Bürger nahmen diese Hilfe dankbar an. Somit waren ihre Sorgen vergessen und sie konnten am Abend beruhigt zu Bett gehen.
In seiner Ballade beschreibt es August Kopisch unter anderem so:
Einst hatt‘ ein Schneider große Pein,
der Staatsrock sollte fertig sein;
warf hin das Zeug und legte sich
hin auf das Ohr und pflegte sich.
Da schlüpften sie frisch
in den Schneidertisch;
da schnitten und rückten
und nähten und stickten
und fassten und passten
und strichen und guckten
und zupften und ruckten
und eh mein Schneiderlein erwacht,
war Bürgermeisters Rock bereits gemacht.
Und es ist nachgewiesen, liebe Freunde der Kölner Sagen: Hier im Haxenhaus hatte um die besagte Zeit auf der zweiten Etage ein Schneider seine Werkstatt und die Treppe, auf der ich stehe und von der ich zu ihnen rede, war schon damals an diesem Ort, als die Schriftsteller August Kopisch und Ernst Weyden die Sage der Kölner Heinzelmännchen zu Papier brachten.
Auch bei dem Schneider klappte also die nächtliche Hilfe der Heinzelmännchen. Alle waren zufrieden. Alle, außer die Frau des Schneiders. Denn sie wollte unbedingt die hilfreichen Geister, die Heinzelmännchen sehen. Angeblich, so hatten die Frauen des Bäckers, des Fleischers, des Schmiedes und des Schusters erzählt, dass deren Männer die Heinzelmännchen schon zu Gesicht bekommen hätten.
Nur ihr Mann, der Schneider, hatte nichts gesehen. Obwohl sie ihn mehrmals dazu bedrängt hatte, Obacht zu geben, aufzupassen, sich auf die Lauer zu legen. Nichts hatte geholfen. Ihr Mann war eben ein Versager.
So nahm sie gezwungener Maße die Dinge in die eigene Hand. Frühabends nachdem der Schneider, in der Hoffnung auf die nächtliche Hilfe der Heinzelmännchen, seine Werkstatt für ein verdientes Bierchen in der unteren Wirtsstube verlassen hatte, schlich sich die Schneiders Frau in die Werkstatt und zündete eine Kerze an. Sie hoffte, so die Heinzelmännchen beim Kerzenlicht besser durch das gebohrte Loch in der Wand zum Nachbarzimmer sehen zu können. Während sie ungeduldig auf die Heinzelmännchen wartete, hörte sie, wie der Schneider ungestüm zurück in die Werkstatt gestürmt kam und dabei ausrief: Gott sei Dank hat Jupp, mein Freund, einen Lichtschein der Kerze von der Straße aus gesehen und mich gewarnt. Ich war mir absolut sicher, die Kerze ausgemacht zu haben. So ein Glück. Die runtergebrannte Kerze hätte die Werkstatt, das Haus und die ganze Altstadt in Brand setzen können. Ich muss deshalb Morgen unbedingt in „Groß Sankt Martin“ zehn „Vater-Unser“ als Dank beten! Ne, Wat für e Jlöck, Gott sei Dank. Er bekreuzigte sich und machte sich wieder auf den Weg nach unten.
Die Schneiders Frau biss sich vor Wut auf die Knöchel. Unbedingt wollte sie die Heinzelmännchen zu sehen bekommen. In ihrer Wut fiel ihr ein, dass die Frau des Bäckers von ihrem Mann hörte, wie der behauptet hatte, dass man die Heinzelmännchen nur sehen konnte, wenn diese ihre Zipfelmützen ablegten. Und das machten sie gewöhnlich nur zur Verrichtung der Arbeit
Nun, wenn dem so war, brauchte man doch nur die Heinzelmännchen beim Verlassen des Haxenhauses auf der Treppe zu Fall zu bringen. Die würden dann ihre Zipfelmützen verlieren und dann…….ja, dann….
Die Schneiders Frau verteilte Erbsen auf der Treppe und nun purzelten die Heinzelmännchen beim Verlassen der Schneiderwerkstatt nacheinander die Treppe herunter und blieben am Fuß der Treppe liegen. Ganz zum Gelächter der Schneiders Frau, denn diese sah die kleinen Hausgeister und verfiel in ein höhnisches Gespött.
Die Heinzelmännchen machten sich traurig in die dunkle Nacht davon, bestiegen am Ende der Salzgasse ein kleines Boot und verschwanden für immer rheinauf.
Am nächsten Morgen, als die Bürger Kölns erwachten, war die liegengebliebene Arbeit nicht getan und auch fortan mussten die Menschen ihre Arbeit wieder alleine erledigen, ohne die heimliche Hilfe der Heinzelmännchen.
O weh! nun sind sie alle fort,
und keines ist mehr hier am Ort!
Man kann nicht mehr wie sonsten ruh‘n,
man muss nun alles selber tun!
Ein jeder muss fein selbst fleißig sein,
und kratzen und schaben
und rennen und traben
und schniegeln
und bügeln
und klopfen
und hacken
und kochen
und backen.
Ach, dass es noch wie damals wär‘!
Doch kommt die schöne Zeit nicht wieder her!
Leider!
Ich wünsche Euch allen eine schöne Adventszeit!
Bis nächsten Freitag
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