#6 – Das illegale Glücksspiel

Alles joot?

Das Thema des illegalen Glücksspiels im mittelalterlichen Köln und der Roman, über den wir im Blog #5 geschrieben haben, nahm Gestalt an.

Völlig unerwartet bekam ich Hilfe beim Entwurf der Geschichte. Wir erfuhren von einer Schriftstellerin, die Zeit für dieses Projekt hatte und sich exzellent mit den Geschehnissen rund um das Leben in der Altstadt auskannte. Ich ergriff die Gelegenheit beim Schopf und engagierte die Autorin Antonia Pauly zum Schreiben unseres Buches.

Meine Vorlage zum Roman war prall gefüllt mit Begebenheiten aus dieser Zeit. Zum Beispiel:

Wie lief die Gerichtsbarkeit im alten Köln?

Wie viele Menschen und Waren gelangten pro Monat über den Rhein von Süden und Norden in die Stadt?

Mit welchen Fuhrwerken kamen Güter über den Landweg von Westen und aus den östlichen Landesteilen?

Wie war das Handwerk in den Zünften geregelt?

Welche Ordnung brachte das Stapelrecht? 

Was hatte Erzbischof Konrad von Hochstaden im Sinn, als er durch diese Regelung den Kölner Bürgern den Vortritt beim Handel mit den gestapelten Waren ließ?

Und genau in dieser Blütezeit des Handels spielt die Handlung der Geschichte, die von Antonia Pauly mit viel Fachwissen und Einzelheiten zu einem erlebnisreichen Mittelalter-Krimi werden sollte.

Florian Grimm, die Hauptfigur im Roman würde alle Hände voll zu tun haben, dem illegalen Glücksspiel den Garaus machen. Beauftragt als Büttel (ein Büttel war im Mittelalter wie ein Dorfpolizist in einem Bezirk) der Stadtverwaltung tauchte er ein in das rege Wirtshausleben. Im Haxenhaus würde er ein Rad der Fortuna entdecken, auf dem es komischerweise genau soviel Zahlen, wie Tische im gesamten Lokal, gab. Um peinliche Befragungen der Gäste zu vereinfachen, bediente er sich seiner ersonnen List des „Freyzech“ und gewann nicht nur die Achtung der Gäste, sondern auch die Gunst der schönen Schankmagdt Elisabeth, die ein Auge auf den schmucken Büttel geworfen hatte.

Zur gleichen Zeit, als der Roman Formen annahm, kümmerten wir uns im Haxenhaus um eine neue, künftige Attraktion. Gemäß den ausführlichen Recherchen kannten wir uns damit aus, wie damals die Gäste speisten.

Wie die Händler, Schiffseigner und Zöllner im Wirtshaus bedient wurden.

Wie die Pilger und Reliquienjäger sich kulinarisch versorgten.

Das wollten wir auch unseren Gästen bieten. So kreierten wir als Programm die „Luoderei“, eine mittelalterliche Festtafel. Mit einer Dauer von 2 ½Stunden wurde das Gästevolk in das 13. Jahrhundert entführt und von kundigen Schauspielern und Musikern betreut, um sich an der, mit Köstlichkeiten gefüllten Tafel zu laben.

Zur Erklärung: Luoderei ist ein Ausdruck aus dem Mittelalter und bedeutet Festtafel, Gelage oder Völlerei.

Bei der Planung zur Durchführung stießen wir auf manche Hindernisse. Der damalige landläufige Kodex verbot es für den normalen Bürger (Männlein wie Weiblein) ohne Kopfbedeckung in Gesellschaft ein Mahl einzunehmen.

So suchten wir eine Schneiderin, die uns entsprechende Hauben für die Gäste anfertigen konnte.

Auf den wenigen habhaften zeitgenössischen Gemälden entdeckten wir Teller und Tassengeschirr für mittlere Bevölkerungsgruppen. Und dieses Geschirr ließen wir für das Haxenhaus von einer Tonbrennerei, der Firma AKRU aus Hillscheid in Hessen in Handarbeit herstellen.

Wir lernten auch, dass Gabeln mit drei oder vier Zinken zu der Zeit nicht in den Wirtshäusern in Gebrauch waren und man noch mit Holzlöffeln und Messer speiste.

Wiederum fanden wir die Firma Hanko, die sich auf die Herstellung von Holzlöffeln als Besteck verstandt.

Alle Hürden waren bald überwunden und 1998 war endlich Premiere der Luoderei.

Seitdem feierten Freunde der heimischen Geschichte, Firmen und deren Gäste sowie Vereinsgruppen (um nur einige zu nennen) die Luoderei und bannten ihre Erinnerungen auf zahllosen Fotos und Videos.

Wir durften damals nicht hoffen, dass bis heute mehr als 1200-mal die Frage der Schankmagd an die Gäste erklang:

„Seiet ihr Leut heut erschienen, um euch an der Luoderei zu erfreuen?“

Sobald die hungrige Gesellschaft mit „JA“ geantwortet hat, werden sie in die Saalkammer des Haxenhauses geleitet und das Festmahl nimmt seinen Lauf.

Im folgenden Blog werde ich davon erzählen, wie im unserem Roman Florian Grimm, der Büttel sich mit Hilfe vom „Fryzech“ die Antworten von Gästen im Haxenhaus holte.

Bis nächsten Freitag