Das Meter – das Brett – das Meterbrett
das Meter = (von lat. metrum „Maß“), Einheitenzeichen m, ist die SI_Einheit der Länge, eine der sieben Basiseinheiten des Internationalen Einheitensystems. Die Definition des Meters ist seit 1983 sehr einfach: 1 m ist die Strecke, die das Licht im Vakuum während eines Zeitintervalls von 1/299 792 458 Sekunden durchläuft.
das Brett ist nach der Definition ein Stück Schnittholz mit einer Brettbreite von mindestens 8 cm und einer Brettstärke von 16 bis 39mm.
Das Meterbrett ist ein äußerst praktisches Biertablett und eignet sich zum sicheren Transport von bis zu 10 gefüllten Biergläsern.
Soweit die Erklärungen der einzelnen Begriffe, wie man sie heute ganz einfach im Internet finden kann.
Im Dezember 1988, als wir das Haxenhaus übernommen hatten, war davon keine Rede.
Auf meine Frage an einen Kellner, was denn die Holzstange auf der Fensterbank mit Blumen in den Löchern sei, erhielt ich nur eine lakonische Antwort:
„Datt es e Meterbrett. Do kannste 10 Kölsch drin dunn und dann serviere. Dat lööf evver he nit“
Voll auf dieses komische Brett fixiert und ohne lange nachzudenken, antwortete ich:
„A su und wäröm löf dat nit und steht op de Finsterbank eröm?“
„Chef (so nannten mich meine wenigen Mitarbeiter damals), Watt sprescht ihr dann do?“
„Wie? Watt meenste de mit: wat sprescht ihr dann do?“
„Jo! Watt für en Sproch?“
„Wie? Wat für ein Sproch? Isch spresch Kölsch!“
„Im Lääve nit! Dat, watt ihr sprescht es kee Kölsch! Dat hüürt sisch für misch an wie Eifeler Platt.“
„Wie su dat dann“ antwortete ich erstaunt. Bis dahin hatte ich fest daran geglaubt, dass mein Dialekt Kölsch sei.
E näh, Chef. Ihr saht als Beischpiel „kicke“ und mir saage dofür „luure„
Ihr saat „ihrschte“ für eben erst un mir saage do für „èvens“.
So ging das eine ganze Weile hin und her, bis ich begriffen hatte, dass ich noch viel lernen musste, um als IMI (Imitierter Kölner, Eingewanderter von außerhalb) irgendwann als Kölner zu gelten.
Aber das Brett mit den Blümchen auf dem Fensterbrett ließ mich nicht los.
Ich musste dabei an das Lied von Hans Knipp „Mir schenken der Ahl e paar Blömcher“ denken.
Warum der Kellner gesagt hatte: „Dat löf nit“ ließ mich nicht los. Das war der Moment, in dem das Wort: „Meter Kölsch“ geboren wurde und seinen Siegeszug durch viele rheinische Gaststätten fand.
Auch, weil ein gemeinsames Kneipenerlebnis mit dem Bestellen von „Runden“ einfach auf den Meter Kölsch übertragbar war.
Auch, weil es einfach war, dem Kellner oder der Kellnerin durch zwei ausgebreitete Arme die Bestellung eines weiteren Meter Kölsch zu signalisieren.
Nur kurze Zeit später waren 20 neu gezimmerte MeterKölsch-Bretter im Haxenhaus im Umlauf. Diese dienten nicht nur dem Servieren von Kölsch, sondern hatten auch genügend Platz auf den höheren Seitenwänden, um auf den Brettern zu schreiben. Um einen weisen Spruch für die Nachwelt zu hinterlassen, um den nachfolgenden Nutzern anzuzeigen welche wichtige Person schon vorher ihr Kölschglas aus dem Brett gezogen hatten.
Was sich als lustig und witzig zeigte, hatte bei näherem Hinsehen eventuell doch eine Bedeutung, die uns heutzutage nicht mehr gegenwärtig ist.
Ich begab mich auf die Suche nach einer Erklärung und stieß auf einen Mann, dessen Hobby es war, Geschichten und Kuriositäten aus dem alten Köln auszukundschaften.
Bei einigen Kölsch war er der Erste, der mir über das Stapelrecht (eingeführt 1259 vom Erzbischof von Köln, Konrad von Hochstaden) erzählte und über die Gepflogenheiten der einfachen Bevölkerung, der Tagelöhner und auch über das Alltagsgeschehen in den Wirtshäusern bei uns hier am Hafen. Er berichtete folgendes:
Die Tagelöhner am Handelshafen schlossen sich zu Gruppen zusammen und bestimmten einen Anführer. Dieser sollte für so viele wie mögliche Jobs besorgen. In diesen Tagen war der Hafen von Köln stark frequentiert und es gab genügend Arbeit, diese Jobs mussten aber irgendwie koordiniert werden.
Dieser Gruppenführer suchte einen der „Lohnschreiber“ (die meisten Tagelöhner waren des Schreibens nicht mächtig), die vor den Wirtshäusern saßen, und ließ dann auf eines der Meterbretter ein Angebot schreiben: z.B. „Jupp + 7 kräftige Mann sind frei für einen Auftrag und warten an Kai Nr. 7“.
Dieses Meterbrett wurde durch einen Kellner oder eine Kellnerin nach Zahlung eines kleinen Trinkgeldes wieder im Wirtshaus in Umlauf gebracht und gelangte so auf die Tische, wo Händler und Schiffsbesitzer ihre Geschäftsabschlüsse machten.
War der Vertag durch Handschlag besiegelt, brauchte man Arbeitskräfte, die die gehandelte Ware zu dem besagten Schiff brachten.
Wenn nun die Anzeige von „Jupp + seinen 7 Mann“ auf dem Meterbrett gesichtet wurde, schickte man jemand zu Kai Nr. 7, engagierte die Gruppe und die Anzeige auf dem Meterbrett wurde durchgestrichen oder von der nächsten Anzeige überschrieben.
Soweit die Erzählungen meines neuen Bekannten, dem Hobbyhistoriker. Leider habe ich ihn danach nie mehr getroffen. Diese Geschichte ließ mich nicht mehr los und wir haben versucht noch mehr in dieser Richtung zu erfragen oder zu erfahren. Leider ohne großen Erfolg.
In den folgenden Jahrzehnten haben wir ohne Unterlass die Lust unserer Gäste beobachten können, wie diese auf dem Meterkölsch-Brett Nachrichten schreiben. Und heute, im Zeitalter von Facebook, schreibt man ja zuerst eine Nachricht auf das Meterkölsch-Brett, macht ein schickes Selfie und schickt es dann an KAI Nr. 7. Wer sagst denn?
Das war es für heute!
Bis nächsten Freitag
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