Blog #15 – Was so ein ½ Meter Bratwurst alles bewegen kann!

Alles joot?

Was so ein ½ Meter Bratwurst alles bewegen kann!

Eine alarmierende Überschrift im Lokalteil des Kölner Express scheuchte die Wirte der Altstadt auf.

Da stand:

„Lufthansa-Catering baut ein großes Zelt auf den Alter Markt und verköstigt alle zum Weltwirtschaftsgipfel geladenen Delegierten.“

Am 10. Juni 1999 sollte unter der Leitung des neu gewählten Bundeskanzler, Gerhard Schröder, der 25. Weltwirtschaftsgipfel in Köln stattfinden.

Falls sich das Angekündigte bewahrheitet hätte, wären alle Restaurants in der Altstadt in der Sicherheitszone gelegen und hätten keinen Gästezulauf gehabt.

Kurzentschlossen präsentierten wir Wirte, gemeinsam unter der Flagge der Interessengemeinschaft Altstadt, dem zuständigen Innenministerium (damals noch in Bonn) ein anderes Konzept zur Bewirtung der Delegierten.

Schnell erstellte jedes Restaurant sein Gipfelmenü;

2 Vorspeisen, 3 Hauptspeisen und 2 Desserts zur Auswahl. Die Menüs wurden in 3 Sprachen übersetzt, gedruckt und gesammelt nach Bonn gesandt.

Es dauert nicht lange, bis sich eine Bonner Delegation anmeldete, um im Büro des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes mit uns Altstadt-Wirten über den Ablauf der Bewirtung zu reden.

Ein Sonderbotschafter des Innenministeriums führte das Wort und bemerkte kritisch, es gäbe in den Vorschlägen zu viele Male den rheinischen Sauerbraten, zu oft die Kartoffelsuppe und einer unter den Wirten hätte sogar eine popelige Bratwurst auf seinem Gipfelmenü.

Da sich die gescholtene Bratwurst in dem Menü- Vorschlag des Haxenhauses befand, meldete ich mich bei dem edlen Herren aus Bonn und fragte: “Haben sie was gegen unsere rheinische Bratwurst?“

„Hören Sie! Die etwa fünftausend Delegierten sind diplomatische Vertreter aus aller Welt, hochrangige Politiker und wichtige Leute mit einem hohen Anspruch.“

„Aha, und diese ´Highranks´ mögen, Ihrer Meinung nach, keine hausgemachte Bratwurst. Also, eine deutsche Spezialität, nach der sich unsere internationalen Gäste jahrein, jahraus die Finger lecken und stets sehr zufrieden damit sind.“, konterte ich, ziemlich angefressen.

„Nein, so habe ich das nicht gemeint. Eine feinere Küche wäre aber besser angebracht.“, sagte der Diplomatenspezialist aus Bonn.

Um die Situation nicht eskalieren zu lassen, nachdem wir doch nun auf dem besten Weg waren, den Plan mit dem Lufthansa-Catering-Zelt aus dem Weg zu räumen, machte ich einen Vorschlag zur Güte.

„Da Sie und die Mitglieder Ihrer Delegation die hausgemachte Bratwurst aus dem Haxenhaus noch nicht kennen, lade ich Sie ein, diese rheinische Delikatesse in meinem Restaurant zu verkosten. Und dann können Sie entscheiden“

Es war um die Mittagszeit und nach kurzem Zögern setzte sich der Tross in Bewegung. Die hausgemachte Bratwurst wurde im Haxenhaus getestet, für äußerst schmackhaft befunden und durfte glücklicherweise auf unserem Gipfelmenü bleiben. Bingo!

Am Nachmittag des gleichen Tages ereilte uns eine Anfrage vom WDR-Fernsehen.

„Hört mal. Hattet ihr Stress mit dem Innenministerium in Bonn wegen der Bratwurst vom Haxenhaus?“ (Nach dem Machtwechsel 1998 in Bonn wurde die neue Regierung kritisch beäugt.)

„Wieso Stress? Alles gut! Der Weltwirtschaftsgipfel kann kommen.“, war unsere Antwort.

„Aber ihr hattet doch eine Kontroverse über das Verbleiben der Haxenhaus-Bratwurst auf dem Gipfelmenü!“, wurde nachgehakt. (Woher hatte der Redakteur diese Einzelheiten?)

„Dürfen wir bei Euch die Bratwurst filmen und einen kleinen Beitrag für das Abendprogramm machen?“

„Aber klar! Gern dürft ihr die Bratwurst filmen und auch essen. Kommt, wann ihr möchtet.“

Der ½ Meter Bratwurst, der auf dem Gipfelmenü bleiben durfte, wurde gefilmt und abends im Lokalfernsehen gezeigt.

Weil ein anderer Redakteur die Ausstrahlung am Vorabend gesehen hatte, meldete sich am nächsten Tag der Nachrichtensender NTV mit der gleichen Bitte, Löve Wills Bratwurst filmen zu dürfen.

Froh über so viel Aufmerksamkeit bejahten wir auch diese Anfrage.

Abends wurde der Beitrag gebracht und von NTV-Köln an deren Partner-Sender CNN (Cable News Network, ein großer Nachrichtensender in den USA) weitergeleitet.

Daraufhin flimmerte viertelstündlich auf Millionen von Bildschirmen in den USA die gleiche Nachricht, in der über den kommenden Weltwirtschaftsgipfel in Köln erzählt wurde und dass sehr wahrscheinlich der Präsident der USA im Haxenhaus in Köln Bratwurst essen würde.

Wir erfuhren erst davon, als viele unserer ehemaligen Gäste aus den verschiedensten Teilen der Vereinigten Staaten von Amerika anriefen:

„Hello friends from Haxenhaus! We saw the Haxenhaus Sausage on TV. Is our President Clinton coming to you, to have the sausage?“

(Hallo Freunde vom Haxenhaus ! Wir haben die Haxenhaus-Bratwurst am Fernsehen gesehen. Kommt unser Präsident Clinton zu euch und wird Bratwurst essen?)

Wir waren baff! Was so ein ½ Meter Bratwurst alles bewegen kann!

Bis nächsten Freitag.

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